eMeetings effektiv und erfolgreich meistern
Führungskräfte und Spezialisten merken in der aktuellen Corona-Krise, die sie seit Wochen unfreiwillig in Web-Meetings zwingt, das etwas anders werden muss. Viele sind unzufrieden mit dem Output, fühlen sich digital überfordert, haben sich New Work anders vorgestellt. In diesem Beitrag gibt Uli Harnacke Tipps, wie sich die Führung in eMeetings effektiver und erfolgreicher gestalten lässt.
Online-Meeting & Videokonferenz – was ist anders?
Im Moment merken viele, dass Digitalkonferenzen mit zehn und mehr Teilnehmern oder digitale Abteilungsbesprechungen ganz anders sind als das gewohnte „Tagesgeschäft“. Es gibt viel weniger Sinneseindrücke, d. h. reduzierte Optik und Akustik, weniger Beobachtbares, keine Haptik, so dass „Gefühle“ weniger verifizierbar sind und aufkommende Konflikte u. U. verspätet erkannt werden können. Die Sprach- und Kulturdiversität wirkt sich viel stärker aus als im Präsenzmeeting. Und das macht die Steuerung deutlich anspruchsvoller für die/den Leiter*in eines Online-Meetings.
Drei Tipps zeigen die wichtigsten Techniken und erklären, wie man sein Verhalten ändern kann, um schnell zu besseren Online-Meetings zu kommen.
Hilfreiche Techniken: Pausen & Aktivierung
Zwei Zeitmarken sind besonders hilfreich: 45 und 7. Ein Online-Meeting-Abschnitt sollte maximal 45 Minuten lang sein. Dann empfiehlt sich eine Kopfkino-Pause, die sich nutzen lässt für (Flüssigkeits-)Versorgung und Entsorgung, in denen man ein paar Schritte gehen oder sich ein wenig bewegen kann. Denn im Online-Meeting-Tunnel braucht es früher und häufiger Pausen, nicht erst nach neunzig Minuten.
Und etwa alle 7 Minuten ist Zeit für Aktivierung der Online-Teilnehmer: Sie werden aufgefordert, selbst etwas zu tun, an einer Abstimmung oder Chatumfrage teilzunehmen oder sich an einer kleinen Gruppengymnastik zur Entspannung der Nackenmuskulatur zu beteiligen oder sich in einer Online-Gruppenarbeit einzubringen. Es gibt viele Möglichkeiten.
Weil nicht alle Sinneskanäle angesprochen werden, braucht die Führungskraft in der Online-Sitzung mehr „ORA“ als sonst, d. h. Orientierung, Ritualisierung und Aktivierung für die Teilnehmer.
Orientieren: Worum geht es jetzt, hier und in der kommenden halben Stunde (sieben Minuten)? Wie werden wir arbeiten (methodisch)? Und wann genau sind wir damit fertig (Meilensteine)?
Ritualisieren: Wiederkehrende Elemente schaffen Sicherheit.
- Pausenrituale (spätestens alle 45 Minuten und eingeleitet mit einem Lied, evtl. dem immer gleichen…)
- Protokollrituale (alle halbe Stunde schauen die Teilnehmer gemeinsam auf das Online-Protokoll, was haben sie schon geschafft?)
- Start-Rituale (z. B. immer mit dem “Dilbert des Tages”)
Aktivieren: Abstimmungen, schnelle Retrospektive („Was sollten wir ändern, in unserer Schalte? Jeder sagt bitte einen Satz.“) oder Verteilung von Rollen (Protokollant, Schiedsrichter, Ulknudel, Zeitmahner, …).
Nützliches Verhalten: Klar sein und sich genügend Zeit nehmen
Es hilft allen, wenn der Zweck des Meetings, seine Phasen sowie Zwischen-/Ziele klar und verfolgbar sind und etwa alle 10 Minuten bewertet werden. Wie gut ist das Team unterwegs im digital Entscheiden? Das heißt auch: Wer durch das Meeting führt, sollte nicht alles selber machen und sich durch Delegation entlasten. Das ist
- aktivierend für die Teilnehmer*innen und
- verlangsamt.
Online dauern Abstimmungs- und Entscheidungsrunden länger, ergebnisorientiertes Arbeiten braucht online viel mehr Zeit: Das Tempo ist langsam(er), das eMeeting darf dennoch weder langweilig noch monoton sein.
Damit das gelingt, ist regelmäßiges Feedback wichtig „Was war oder ist gut, was nicht so sehr? Was möchte der Leiter des Meetings, was möchten die Teilnehmer anders tun?“, „Wie war der Beitrag von …?“, „Ist für jeden deutlich dass, …? Dann heben Sie bitte kurz die Hand!“ oder beteiligen sich an einer Mentimeter.com-Abfrage, die in wenigen Sekunden erstellt ist! Das alles sind Maßnahmen, die aktivieren, orientieren und die Ergebnisqualität verbessern. Ganz agil!
Sind Sie als Leiter eines eMeetings gut vorbereitet?
Sieben einfache und praktische Punkte helfen bei der Vorbereitung:
- Stehen ist besser als sitzen, Wechsel zwischen beidem ist sinnvoll.
- Ausreichend mit Wasser versorgen.
- Videos/Kameras anschalten, am besten immer, sonst immer wieder mal (wenn es das WLAN nicht anders zulässt)
- Zweite Person einbinden, die sich parallel um die Technik des Online-Meetings kümmert (Mikros an und ausschalten, Chat beobachten, Dateien zeigen, …): „Too much is the lazy man’s load!“
- Protokoll mit der ToDo-Liste bereits im Meeting schreiben. Dann ist es danach fertig und jeder weiß, was vereinbart wurde (und wie welche Punkte ins Protokoll gekommen sind.
- Fehler akzeptieren.
- Humor: Lachen hilft auch in eMeetings.
Zum Autor: Uli Harnacke, Partner der Healthcare Shapers, ist psychodynamischer Business Coach. Er arbeitet seit über zehn Jahren auch virtuell. Als Einzel- und Teamcoach hat er in inter-/nationalen Settings Projekte und Prozesse begleitet, die oft wesentlich auf Distanz-Kommunikation angewiesen sind. Seine Schwerpunkte liegen in den Feldern Innovation, Supply Chain und Healthcare.
Quelle: Remote- und e-Meetings…effizient und erfolgreich über Distanz führen. https://coaching.haufe.com/thema/remote-und-emeetings
- Veröffentlicht in Digitalisierung, Führung
Product-Training goes digital: Worauf kommt es an?
Produkte im Healthcare und MedTech-Sektor sind häufig erklärungsintensiv, das gilt für Geräte in der Chirurgie, für Medizinprodukte und Arzneimittel. Produkttrainer, die deren Anwendung und Nutzen in Richtung der Außendienstmitarbeiter und Servicetechniker – oder direkt an Kunden vermitteln, sind eine knappe Ressource. Durch hohe Reisetätigkeit, durch die Vor- und Nachbereitung der Trainings und die Entwicklung neuer Trainingsformate sind sie häufig stark belastet. Viele Unternehmen suchen daher nach digitalen Lösungen, um vorhandene Trainingsressourcen effizienter zu nutzen, um Freiräume zu schaffen für bessere Live-Trainings, die sich z. B. stärker auf Vertriebsthemen fokussieren.
Schulungssoftware: Das Marktangebot ist riesig
Software für eLearning und Webinare (1) sowie Plattformen, um Videos hochzuladen, gibt es viele. Eine solche Software in Unternehmen als Standardlösung zu implementieren, ist mit hohem operativem Aufwand verbunden, je größer der Konzern, umso komplexer die Implementierung. Wie erfolgreich dieser Prozess von statten geht, hängt von zwei wesentlichen Faktoren ab,
- der Auswahl der richtigen Software
- Der Planung eines Online-Trainingsprozesses und dessen Implementierung in die Organisation.
Die richtige Schulungssoftware finden
Eine Online-Schulung als Teilnehmer zu besuchen oder eine Online-Trainingsmaßnahme als Produkttrainer durchzuführen, muß einfach sein. Auf jedem Rechner werden Videokamera, Mikrophone und Lautsprecher angeschlossen sein, die sich mit der Schulungssoftware einfach und intuitiv ansteuern lassen. Ist der Schulungsaufwand hoch, werden die Angebote später nicht genutzt. Für den Lernerfolg ist die aktive Einbeziehung der Mitarbeiter wichtig.
Eine Schulungssoftware sollte zudem viele verschiedene Beteiligungsformen ermöglichen, z. B. die Erarbeitung von Themen in Gruppenarbeit inkl. Dokumentation der Ergebnisse, sowie die Möglichkeit zum Feedback durch Abstimmungen. Weil nicht immer alle Mitarbeiter zu einem Termin an einem Online-Webinar oder einer Online-Produktpräsentation teilnehmen können, sollte die Möglichkeit der Aufzeichnung gegeben sein, so dass auch verhinderte Mitarbeiter von den Diskussionen in Online-Webinare lernen und sich Schulungen auch wiederholt ansehen können.
Implementierung: Lessons learned
Genauso wichtig wie die „Technik-Frage“ d. h. die Auswahl der richtigen Schulungs-Software, ist die Einbindung der Vorgesetzten und der Produkttrainer in die Konzeption eines Online-Training-Prozesses. Die, die später mit der Software arbeiten, die Produkttrainer, sind sowohl an der Auswahl als auch in der Konzept- und der Erprobungsphase der Software beteiligt.
Wie bei jeder Veränderung von Arbeitsprozessen ist bei der Einführung von Online-Trainingsmodulen mit initialen Widerständen zu rechnen. Es braucht die Rückendeckung durch die Unternehmensführung sowohl beim Start als auch nach ersten Erfahrungen der Anwender mit den Online Trainings.
Gerade am Anfang, wenn für viele User alles neu ist, kann der Servicebedarf hoch sein. Ein technisches User-Helpdesk, das wiederkehrenden Fragen der Nutzer – „Ich kann Sie hören, aber nichts sehen, was muss ich tun?“ – zeitnah beantworten kann, entlastet die Produkttrainer. Besonders für die weniger technik-affinen Mitarbeiter, die mit Ängsten und inneren Widerstände kämpfen, ist eine behutsame Heranführung wichtig, Schritt-für-Schritt mit kurzen, übersichtlichen Trainingsmodulen. Mit wachsender Routine wird die Nutzung von Online-Schulungsmodulen mit der Zeit ganz „selbstverständlich“. Dabei muss nicht alles perfekt sein, „einfache Videos“ im Kurzformat (90 bis 300 Sekunden), die sich auf kleine Teilaspekte des Produkts beziehen, sind mit dem Smartphone schnell gedreht. Mitarbeiter können vor einem Kundenbesuch auch durch diese einfachen „Parkplatz-Videos“ hilfreiche Unterstützung erfahren.
Interview mit Uli Harnacke von teamPRO³
Er hat die Umstellung auf Online-Produkttrainings als externer Berater in einem Unternehmen der Life Science Branche begleitet.
Wie sind Ihre Erfahrungen?
Durchweg positiv. Die Hälfte der Standard-Produkttrainings konnten wir innerhalb eines Jahres digital umstellen (n=10), neue Produkttrainings werden jetzt immer zunächst online entwickelt. So bleibt den Trainern mehr Zeit für Präsenz-Roadshows. Statt dreimal jährlich für drei Stunden kommt der Außendienst jetzt sechsmal in den Genuss 3-stündiger Präsenzschulungen.
Was hat sich für die Produkttrainer verändert?
Der Aufwand für die Trainer ist in der Summe etwa gleichgeblieben. Ein Drittel der grundlegenden Produkttrainings für neue Verkäufer bzw. Mitarbeiter wird jetzt online angeboten. Immer gleiche Inhalte in immer gleicher Form werden nicht mehr „live“, sondern online vermittelt, was die Trainer sehr schätzen. Die Schulungsqualität hat sich verbessert, die Feedbacks meiner Auftraggeber, der involvierten Produkttrainer und der Trainingsteilnehmer zeigen das in allen Formaten. Im nächsten Schritt werden die Multiplikatoren in den Vertriebseinheiten geschult, um Online-Trainingsformate auch zur Schulung ihrer Teams nutzen zu können.
Blick in die Zukunft: Wie sehen Produktschulungen in Pharmaunternehmen in 10 Jahren aus?
Die Technik entwickelt sich rasant. Die Nutzung von VR (Virtual Reality) und AR (Augmented Reality) bis hin zum Einsatz der Hololens sind in den Produktschulungen von MedTech und Pharmaunternehmen noch nicht angekommen. In der Ausbildung von Medizinstudenten und als Assistenzsysteme im OP bahnen sich diese Techniken ihren Weg (2). Produkte oder Prozesse werden zunehmend visualisiert und interaktiv in Form von Videos und Webinaren erklärt, das gilt in vielen Lebensbereichen. Die unzähligen DIY-Anleitungen auf Youtube, die Video-Tutorials zu Software-Anwendungen (3), sind ein Sinnbild für unser verändertes Informationsverhalten. Wer liest gerne Gebrauchsanleitungen? Mit einer App zum Produkt lässt sich ein Video abspielen und jeder versteht, was zu tun ist.
Brauchen wir weiter erfahrene Produkttrainer?
Vom online-erlernten Produktwissen zum erfolgreichen, kundenorientierten Verkaufsgespräch ist es ein weiter Weg. Mit der Unterstützung von Trainern und vermehrt Coaches, die den individuellen Schulungsbedarf erkennen und Hilfestellung bieten können, können Mitarbeiter ihr Verkäuferpersönlichkeit entwickeln. Sie lernen die Marketing- und Vertriebsstrategie im Außendienst einheitlich umzusetzen und die Außenwahrnehmung des Unternehmens und der Produkte beim Kunden zu stärken. Digitalisierung schafft die dafür notwendigen Freiräume. Sie „rationalisiert“ die Trainer nicht weg, sondern lässt sie ihr Können gezielter einsetzen, um die Qualität der Trainings zu verbessern.
Quellen:
- Veröffentlicht in Digitalisierung